Mittwoch, 6. Oktober 2010

Vertreterin des Bundesgesundheitsministeriums äussert sich erstmalig öffentlich zum Endoprothesenregister

Auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer äussert sich erstmalig eine Vertreterin des Bundesgesundheitsministeriums zum Endoprothesenregister.

Drucksache:
Drucksache 17/2963

49.
Abgeordnete
Dr. Marlies
Volkmer
(SPD)
Aus welchen Erwägungen hat es die Bundesregierung
bisher abgelehnt, die Errichtung eines
Endoprothesenregisters zu initiieren und/oder
zu fördern, das nach Aussagen der Deutschen
Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische
Chirurgie e. V. (Stellungnahme vom
28. Juli 2010 anlässlich der Vorstellung des
BARMER GEK Reports Krankenhaus 2010)
zu einer Verbesserung der Versorgungsqualität
beitragen und zugleich ein Einsparpotenzial
von über 40 Mio. Euro realisieren könnte?

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin
Annette Widmann-Mauz
vom 17. September 2010
Aus Sicht der Bundesregierung kann ein Endoprothesenregister verschiedene
Funktionen erfüllen. Seine Einführung ist mit den vorhandenen
Regelungen zur Sicherheit im Bereich der Medizinprodukte
und den Maßnahmen der Qualitätssicherung abzustimmen.
In diesem Sinne ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das europäische
und das deutsche Medizinprodukteüberwachungssystem bereits
heute sicherstellen, dass Vorkommnisse (z. B. Brüche von Hüftimplantaten)
erfasst werden. Das in Deutschland für die Risikobewertung
von Medizinprodukten zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte (BfArM) wertet die Daten zentral aus
und kann sofort zum Schutze aller Patientinnen und Patienten reagieren.
In der europäischen und der nationalen Gesetzgebung ist diesbezüglich
geregelt, dass im Falle eines Rückrufes oder Austausches eines
Produktes der Hersteller die betroffenen Gesundheitseinrichtungen
und ggf. die Patientinnen und Patienten darüber informiert. Die Austauschaktion
beim Hersteller und bei den Betreibern wird von den
zuständigen Landesbehörden kontrolliert. In § 16 Absatz 2 der Medizinprodukte-
Sicherheitsplanverordnung ist geregelt, dass die Kliniken
für spezielle Implantate (z. B. Herzschrittmacher, Hüftendoprothesen)
eine eigene Dokumentation zu führen haben, die eine schnelle
Identifizierung der betroffenen Patientinnen und Patienten und/
oder des Produktes ermöglicht. Dafür können die Kliniken auch Register
nutzen. Ein bundesweites Implantateregister hätte gegenüber
diesen bestehenden Regelungen im Hinblick auf die Vermeidung
von Vorkommnissen mit Medizinprodukten und auf eine Erhöhung
der Sicherheit von Produkten möglicherweise den Vorteil, dass die
derzeit vermutete Dunkelziffer von nicht gemeldeten Vorkommnissen
minimiert würde.
Erfahrungen aus Skandinavien mit dem Implantateregister zeigen im
Übrigen, dass eine positive Bewertung des Aufwandes und des Nutzens
nur sehr schwer erreichbar ist. In den skandinavischen Registern
steht daher auch nicht allein die Frage der Funktionsdauer der
Produkte im Mittelpunkt des Registers. Vielmehr geht es wesentlich
auch um die Verbesserung der Versorgung, die in Deutschland derzeit
mit anderen Maßnahmen der Qualitätssicherung verfolgt wird.
Drucksache 17/2963 – 32 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Aufgabe, die
verpflichtenden Maßnahmen der Qualitätssicherung festzulegen
(§ 135a ff. SGB V). Dies ermöglicht auch die Entscheidung über die
Einführung eines Endoprothesenregisters. Eine Funktion eines solchen
Registers könnte u. a. darin liegen, dass eine auffällige Häufung
z. B. von notwendigen Revisionsoperationen Hinweise auf eine
schlechte Qualität der medizinischen Versorgung in bestimmten
Krankenhäusern geben könnte. Die Erhebung der Leistungsqualität
beim Einsatz von Implantaten ist aber bereits seit Jahren ein wesentlicher
Teil von stationären einrichtungsübergreifenden Qualitätsprüfungen,
die durch den G-BA eingeleitet und begleitet werden. Durch
den Vergleich der Ergebnisse (Qualitätsindikatoren) bei solchen Eingriffen
können qualitative Schwachstellen der Versorgung in den
Krankenhäusern entdeckt und verbessert oder sogar abgestellt werden.
Zur Sicherstellung der notwendigen Erfahrung und Kompetenz
eines Krankenhauses beim Einsatz von Knieendoprothesen hat der
G-BA zudem eine Mindestmenge von jährlich 50 Knie-Totalendoprothesen
festgelegt. Es sind damit bereits weitreichende Maßnahmen
zur Qualitätssicherung in der endoprothetischen Versorgung getroffen.
Angesichts der aufgezeigten Komplexität der angesprochenen Fragen
ist die Entscheidung über eine Einführung eines zusätzlichen Endoprothesenregisters
sorgfältig abzuwägen. Der G-BA hat sich mit
diesem Thema und der möglichen Ausgestaltung eines solchen Registers
bereits intensiv befasst. Auch wegen des Übergangs der Aufgaben
der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS) auf das
AQUA-Institut (§ 137a SGB V) konnten diese Beratungen bisher
nicht abgeschlossen werden. Es ist aber beabsichtigt, dass der G-BA
noch im Jahr 2010 einen weiteren Beschluss zur Qualitätssicherung
„Endoprothesen“ fasst.

50. Abgeordnete
Dr. Marlies
Volkmer
(SPD)
Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung
aus der in der „FAZ“ vom 11. August 2010
(S. N 2) dokumentierten Ankündigung der
Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und
Orthopädische Chirurgie e. V. zur Errichtung
eines Endoprothesenregisters, das finanziell
von den Herstellern von Implantaten unterstützt
werden soll?

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin
Annette Widmann-Mauz
vom 17. September 2010
Hinsichtlich eines möglichen Zusatznutzens eines Endoprothesenregisters
wird auf die Antwort zu Frage 49 verwiesen. Alle Bemühungen
zur Verbesserung der Patientensicherheit sind gleichwohl unterstützenswert.
Daher würde es die Bundesregierung begrüßen, wenn
die Aktivitäten des G-BA zur Qualitätssicherung in der endoprothetischen
Versorgung und die in der Frage angesprochene Initiative in
Richtung eines Registers gebündelt und aufeinander abgestimmt
würden.

Nachlesbar unter folgendem Link.

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